Samstag, 7. Mai 2011

Für Georg und Marie

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Georg und Marie

Georg und Marie kamen nie zur Welt. Sie wohnten in meinem Schoß nur für Wochen. An einem Muttertag kam die Kunde, dass ich sie verlieren würde, noch lange vor der Zeit. Wie gelähmt lag ich vor der Welt auf den Knien, schrie Gott an, und mein Herz brannte lodernd im Schmerz.

Als ich lange genüg gekniet, geschrieen und gebrannt hatte, begann ich mich wieder zu bewegen. Ich bewegte mich so stark, dass ich kaum zu bremsen war. Ich raste durch die Zeit, tobte durch meinen Lebensgarten wie wild, riss alles aus, das mir im Weg war. Und als ich fertig war, war ich eine trauernde Mutter ohne Grabstelle, eine gewesene Ehefrau und ein neuer Mensch.

Es dauerte Jahre, bis ich mit der Leid am Ende war. Dann kam Friede. Und Träume kamen zu mir. Georg und Marie waren darin. Sie sahen mich an und sprachen zu mir. Sie redeten von Liebe zu mir, die nur scheinbar in die Leere greift, und ankommt, wo auch immer jenseits der Tage, jenseits der Wolken, jenseits der Sterne. Und mein leeres Mutterherz füllte sich mit tieferem Wissen:

Fruchtbarsein ist mehr als Biologie,
Muttersein braucht nicht unbedingt Kinderkrippen,
in denen Babys liegen,
Menschsein insgesamt
heißt Liebe leben,
und das Wunder der Geburt
ist in allen von uns.

DOCH! Georg und Marie wurden geboren. Sie leben in meinem Herzen, bis ich zu ihnen komme.

Jenseits der Tage, jenseits der Wolken, jenseits der Sterne sind wir heil und ganz.

© Barbara BaLo* Lorenz

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